Das Verkehrsstrafrecht


 

Im Verkehrsstrafrecht wird der oft bis dato „unbescholtene Bürger“ zum ersten Mal mit dem Strafrecht und dem Strafverfolgungsapparat des Staates konfrontiert. Ein unerfahrener Tatverdächtiger kann daher durch den Kompetenzvorsprung der Strafermittlungsbehörden leicht ins Hintertreffen geraten. Diese ungünstige Ausgangssituation wird dadurch verschärft, dass bei einer Verurteilung nicht nur eine strafrechtliche „Kriminalisierung“ droht, sondern auch weitreichende Konsequenzen für den Verurteilten mit einhergehen können. Das unerlaubte Entfernen vom Unfallort („Fahrerflucht“, § 142 StGB) beispielsweise, die umstrittenste verkehrsrechtliche Strafvorschrift überhaupt, kann nicht nur eine Geld-, oder Freiheitsstrafe zur Folge haben. Es droht unter Umständen auch die Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB, der Versicherungsschutz der Kasko- als auch der Rechtsschutzversicherung kann erlöschen und die eigene KFZ-Haftpflichtversicherung kann beim Verurteilten einen Regress bis 5.000 EUR üben.

Um dieses Kompetenzgefälle zwischen dem unerfahrenen Bürger und dem Staat zu kompensieren und eine geeignete Verteidigungsstrategie zu entwickeln, ist die frühe Konsultation eines Anwalts empfehlenswert.

 

Und auch an dieser Stelle von besonderer Wichtigkeit: Machen Sie von Ihrem Schweigerecht gebrauch! Der Beschuldigte muss nicht seine Unschuld beweisen. Vielmehr müssen die Ermittlungsbehörden beweisen, dieser habe eine Straftat begangen! Verfrühte Angaben zum Tatvorwurf ohne Aktenkenntnis und anwaltlichen Rat können die Verteidigungsstrategie erheblich beeinträchtigen. Ein schweigen wiederum kann nie zum Nachteil ausgelegt werden!

Einstellung des Verfahrens gegen Auflage als mögliches Verteidigungsziel

 

Ein mögliches Verteidigungsziel in Verkehrsstrafsachen stellt die so genannte Einstellung des Verfahrens gegen Auflage nach § 153 a StPO dar. Wird der Verteidiger früh beauftragt, kann eine solche Einstellung noch vor Erhebung der öffentlichen Klage stattfinden. Voraussetzung ist, dass dem Verfahren ein Vergehen (also kein Verbrechen, vgl. § 12 StGB) zu Grunde liegt, die Schwere der Schuld nicht entgegensteht und der Beschuldigte bereit ist, eine Auflage (meist eine Geldzahlung) zu erfüllen. Liegen diese Voraussetzungen vor, so hat der Verteidiger die Möglichkeit, den Ermittlungsbehörden eine Einstellung nahezulegen und mit diesen über die Höhe und Art der Auflage zu verhandeln. Den Staatsanwaltschaften und Gerichten bietet ein solches Vorgehen den Vorteil, dass ggfs. umfangreiche Ermittlungen entfallen und der Richter kein Urteil zu schreiben braucht. Aufgrund dieser Arbeitsentlastung wird die Einstellung des Verfahrens gegen Auflage in der Praxis inflationär gehandhabt.

 

Für den Beschuldigten hat ein solches Vorgehen den Vorteil, dass es zu keiner belastenden (öffentlichen) Hauptverhandlung kommt. Aufgrund der kurzen Verfahrensdauer stehen die rechtlichen Konsequenzen früher fest und ersparen ihm womöglich weitere schlaflose Nächte. Zudem fallen die Verfahrenskosten (Gerichtskosten, Anwaltshonorar) deutlich geringer aus. Darüber hinaus wird der Beschuldigte nicht als „Schuldiger“ verurteilt, es findet keine Eintragung ins Bundes- oder Fahreignungsregister statt, und er gilt trotz gezahlter Auflage als unschuldig. 

Auf der anderen Seite kann am Beschuldigten dennoch ein kleines „Geschmäckle“ haften bleiben und ein Imageschaden entstehen, denn die „Schuldfrage“ der Tat wurde ja nicht aus der Welt geräumt. Zudem hat er in der Regel das Anwaltshonorar selbst zu tragen.