Nach dem Unfall


Nach einem Unfall sollte natürlich zunächst die Unfallstelle abgesichert werden. Das Aufstellen des mitgeführten Warndreiecks schützt die Verunfallten und warnt andere Verkehrsteilnehmer zugleich. Doch in welchem Abstand zur Unfallstelle muss das Warndreieck stehen? Innerorts ist eine Entfernung von 50m ausreichend. Auf schnelleren Straßen sollte der Abstand jedoch größer sein:  Auf Landstraßen sind 100m notwendig, auf Autobahnen 200. 

Sind Personen verletzt worden, so ist der Ruf des Rettungsdienstes unabdingbar.

Bei kleinen Schäden ist im Übrigen  das Herbeiholen der Polizei nicht notwendig, es sei denn, der Unfallverursacher steht unter Alkohol oder er beging "Fahrerflucht".

 

Ist der erste Schock über das Geschehene erstmal verdaut, kann sich eine Beweissicherung an Ort und Stelle für die spätere Geltendmachung von Ansprüchen als äußerst wertvoll erweisen. Idealerweise werden die persönlichen Daten der Unfallbeteiligten aufgenommen. Zeugen sollten angesprochen und ihre Kontaktdaten notiert werden. Um spätere Erinnerungslücken zum Geschehensablauf zu vermeiden, sollte der Unfallhergang so detailreich wie möglich schriftlich niedergelegt werden. Sehr hilfreich: Die Handykamera ermöglicht Fotos von der Unfallsituation, dem eigenen Schaden und von den beteiligten Fahrzeugen und ihren Kennzeichen. 

Die Dokumentation von  etwaigen Verletzungen und das Aufbewahren von ärztlichen Attesten hilft bei der anschließenden Auseinandersetzung mit der gegnerischen Versicherung, genauso wie das Aufbewahren von Belegen für Ausgaben, die im Zusammenhang mit dem Unfall getätigt werden. 

Der Anwalt und die Unfallregulierung

 

Häufig nimmt eine KFZ-Haftpflichtversicherung mit dem Geschädigten auf der anderen Seite bereits kurz nach dem Unfall Kontakt auf. Im Rahmen eines so genannten „aktiven Schadenmanagements“ wird dann eine schnelle und reibungslose Unfallabwicklung zugesichert.

Doch Vorsicht! Die Schadensregulierung darf in keinem Fall in die Hände des Gegners gegeben werden. Die gegnerische Haftpflichtversicherung ist kein Freund und Helfer des Geschädigten! Diese ist und bleibt ein Wirtschaftsunternehmen, welches einzig und allein den Zweck verfolgt, ihr eigenes Kapital zu mehren. Und das auch auf Ihre Kosten!

Die Versicherer verschweigen allzu gerne, dass der Geschädigte Anspruch auf einen unabhängigen Gutachter hat, dass er in einer Werkstatt seiner Wahl den Schaden beheben kann und vor allem, dass sie seine Anwaltskosten (je nach Haftungsquote) ersetzen muss.

 

Dazu zwei maßgebliche Urteile:

1. Das OLG Frankfurt (Urt. v. 1.12.2014 – 22 U 171/13):

„Auch bei einfachen Verkehrsunfallsachen ist die Einschaltung eines Rechtsanwalts von vornherein als erforderlich anzusehen. Gerade die immer unüberschaubarere Entwicklung der Schadenspositionen und der Rechtsprechung zu den Mietwagenkosten, Stundenverrechnungssätzen u.Ä. lässt es geradezu als fahrlässig erscheinen, einen Schaden ohne Einschaltung eines Rechtsanwaltes abzuwickeln.“

 

2. Das AG Dortmund (Urt. v. 29.06.2009 – 431 C 2944/09):

„ ...ist nach Auffassung des seit fast 30 Jahren mit Verkehrsunfallhaftpflichtfragen befassten Richters jeder Verkehrsunfallgeschädigte gut beraten, die Regulierung selbst kleiner Schäden (…) von Anfang an in die Hand eines erfahrenen Rechtsanwalts zu geben. (…) Da die Haftpflichtversicherer bei der Schadenregulierung inzwischen geradezu systematisch fast jede übliche Schadensposition in zahlreichen Zivilprozessen zum Gegenstand umfangreicher Auseinandersetzungen machen, muss auch der geschäftserfahrene Geschädigte stets auf der Hut sein und befürchten, dass eine Schadensposition, die noch gestern anerkannt worden wäre, von der gegnerischen Versicherung jetzt nicht mehr akzeptiert wird.“

 

Weder die gegnerische Haftpflichtversicherung, die KFZ-Werkstatt, noch „Unfallhelfer“ und Regulierungsplattformen im Internet haben ein Interesse an einer bestmöglichen Schadensregulierung. Dieses Interesse hat ausschließlich der Geschädigte selbst, zusammen mit seinem Anwalt.

Unfallregulierung - Grundsätzliches

 

Der Geschädigte befindet sich nach einem Unfall von Anfang an in einem Spannungsverhältnis. Grundsätzlich muss er so gestellt werden, wie er ohne den Unfall stünde. Er darf zwar am Unfall nicht verdienen, muss aber auch nicht „in die Tasche des Schädigers sparen“. Gleichzeitig treffen ihn aber auch Schadensminderungspflichten (§ 254 BGB) (sehr praxisrelevant bei den Mietwagenkosten). Es werden nur solche Aufwendungen ersetzt, die erforderlich waren (§ 249 Abs. 2 BGB), also diejenigen, die die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte. 

 

Dementsprechend geht derjenige, der sich sorglos bei der Unfallregulierung verhält und überhöhte Rechnungen von Werkstätten und Mietwagenunternehmen akzeptiert, die Gefahr ein, auf einem Teil der Kosten sitzen zu bleiben.

Mithin ist ein Geschädigter also gut beraten, sich so zu verhalten, als ob eine eintrittspflichtige Versicherung des Schädigers nicht vorhanden wäre und er selbst den Schaden zu bezahlen hätte.

Die Schadenpositionen bei der Unfallregulierung

 

Im Bereich des entstandenen Schadens wird zunächst nach den Ansprüchen aus dem Sachschaden und jenen aus dem Personenschaden differenziert. Die Strukturierung hilft im "Dickicht" weiter!

 

1. Der Sachschaden umfasst zum einen alle Schäden, die unmittelbar an dem am Unfall beteiligten Fahrzeug eingetreten sind. Diese werden anhand eines Sachverständigengutachtens, einer Kostenkalkulation durch den Sachverständigen oder auf Grundlage eines Kostenvoranschlages einer Werkstatt ermittelt. Je nach Umfang der Beschädigungen ist das Fahrzeug noch zu reparieren, oder es macht aus technischer oder wirtschaftlicher Sicht (wirtschaftlicher Totalschaden) keinen Sinn, es instand zu setzen. Der wirtschaftliche Totalschaden wird anhand verschiedener Kenngrößen wie u.a. dem Reparaturaufwand, dem Restwert und dem Wiederbeschaffungswert ermittelt. Unter bestimmten Umständen darf der Geschädigte sein Fahrzeug auch noch reparieren, wenn die Reparaturkosten bis zu 30% über den Kosten für die Wiederbeschaffung liegen.

 

Neben den Schäden am Fahrzeug selbst, sind weitere Schäden denkbar, die sich so zu sagen „um das Fahrzeug herum“ entwickelt haben. Die Liste diese Sachfolgeschäden kann sehr lang ausfallen, je nach dem, welcher Schaden tatsächlich entstanden ist. Hier fallen zunächst Kosten für die Schadenermittlung (z.B. Gutachtenkosten) an sowie eine Nutzungsentschädigung für die entzogene Nutzungsmöglichkeit des eigenen Fahrzeuges. Es gibt auch einen Ersatz für so genannte "Ladungsschäden", also für beschädigte Gegenstände im Fahrzeug. Ferner sind auch Abschlepp-, Entsorgung- sowie An- und Ummeldekosten erstattungsfähig, genauso wie das Honorar eines beauftragten Anwalts. Liegt ein Totalschaden vor, so werden auch Zinsen für den Wertentzug des Fahrzeuges fällig (§ 849 BGB). 

 

2. Zu den immateriellen Personenschäden gehört das Schmerzensgeld. Es hat die Funktion, Beeinträchtigungen des seelischen und körperlichen Wohlbefindens auszugleichen. Anders als in den Vereinigten Staaten wird die Höhe des Schmerzensgeldes in Deutschland restriktiv gehandhabt.

Darüber hinaus kennt das Personenschadensrecht auch materielle Schadenspositionen. Den Haushaltsführungsschaden kann eine Hausfrau oder ein Hausmann geltend machen, der unfallbedingt den Haushalt nicht mehr führen kann. Abgerechnet wird nach Stunden, wobei der Stundensatz regional unterschiedlich ausfällt. Bei Hinzuziehung des Mindestlohnes von 8,50 € und langwierigen gesundheitlichen Folgen kann der Haushaltsführungsschaden einen erheblichen Betrag ausmachen und deutlich Höher ausfallen, als das für die Verletzung zugesprochene Schmerzensgeld. Hat der Geschädigte aufgrund des Unfalls einen Verdienstausfall und kann er die Vermögenseinbuße konkret beziffern, so kann er diese im Rahmen eines Erwerbsschadens geltend machen. Ferner hat der Geschädigte Anspruch auf Ersatz der Kosten für „vermehrten Bedürfnisse“, also aller unfallbedingten Mehrausgaben, die er aufgrund des Unfalls tätigen musste.